Nachdem vor kurzem das Land Thüringen angesichts der Belastungen durch die Corona-Pandemie zusätzliche finanzielle Mittel für die Kommunen zugesagt hat, hat die Stadtverwaltung am Donnerstag (14.01.2021) eine überarbeitete Fassung des Haushaltssicherungskonzeptes veröffentlicht. Diese geht nunmehr von in der Summe geringeren zu erbringenden Einsparleistungen aus und nimmt einige der am heftigsten umstrittenen Sparvorschläge – Schließung der Bibliothek in Lobeda, meistbietender Verkauf von Grundstücken statt Konzeptvergabe, Kürzungen bei Suchthilfe und lokaler Agenda 21 – wieder zurück.
Wir als „Bündnis solidarische Stadt“ begrüßen die genannten Schritte, sehen uns aber im Übrigen bestätigt in unserer Kritik an der Gesamtausrichtung des HSK, seinen übergeordneten Zielen und vielen der Maßnahmen, an denen festgehalten wird. So hat sich an Begründung und Leitprinzipien überhaupt nichts geändert. Das als „einzige Chance“ und angeblich alternativlose Lösung der finanziellen Probleme der Stadt präsentierte Wachstum bleibt nach wie vor die zentrale Strategie der Verwaltungsspitze. Der Erfolg ihres Handelns wird primär an finanziellen und nicht etwa an ökologischen und sozialen Kennziffern ausgerichtet. Auch erschließt sich uns nicht, warum man darauf beharrt, unter den veränderten Umständen durch die zusätzliche Mittelzuweisung des Landes unbedingt jetzt sofort ein HSK zu beschließen, ohne den breiten politischen und gesellschaftlichen Diskussionsprozess, der hierfür aus unserer Sicht Voraussetzung wäre.
Auch wenn wir die vorgenommenen Anpassungen größtenteils mit Erleichterung aufnehmen, sehen wir darin teilweise nur vordergründige Verbesserungen. So soll die Bücherei in Lobeda zwar bleiben, dafür muss JenaKultur aber einen Standort eigener Wahl schließen. Der JenaBonus soll zwar für Kinder und Jugendliche erhalten bleiben, für Erwachsene aber dennoch gestrichen werden. Desaströs ist, dass an allen restlichen Maßnahmen – Kürzungen des Bürgerbudgets und für Vereine, Abschaffung demokratischer Gremien, Erhöhungen von Kita- und Hortgebühren usw. usf. – unverändert festgehalten wird.
Kaum abgemildert wird dieser Eindruck auch dadurch, dass ein Teil der Maßnahmen, die nicht direkt in 2021 umsetzbar sind, mit einem „A“ in der Maßnahmenliste zu Arbeits- bzw. Prüfaufträgen erklärt werden, deren Höhe an Einsparungen zwar im HSK-Zeitraum zu erbringen sei, die im Einzelnen nach Prüfung aber auch angepasst, geändert bzw. durch andere Konsolidierungsmaßnahmen ersetzt werden könnten. Dies scheint uns darauf zu zielen, den Widerstand gegen manche Maßnahmen vorerst zu überwinden und die Hoffnung zu nähren, dass sie sich vielleicht noch abwenden ließen, um die Mehrheit für das HSK zu sichern. Hierin sehen wir eine trügerische Hoffnung, wird doch zugleich betont, dass ein Großteil dieser A-Maßnahmen umgesetzt werden müssen, um die Sparziele zu erreichen.
Unverständlich ist uns ferner, dass der ganze Bereich der städtischen Investitionen in Bau- und Infrastrukturprojekten weiterhin völlig ausgeklammert bleibt, obwohl es dort großes Einsparpotential gibt. Eigentlich versteht es sich von selbst, dass Beschlüsse, was und wo gebaut werden soll, erst dann getätigt werden können, wenn ein Konzept vorliegt. Dass die Verkehrswende kommen muss, wird kein Mensch, der den Klimawandel nicht direkt leugnet, anzweifeln. Wir fordern, dass alle Investitionen gestoppt werden, die nicht nachgewiesenermaßen nötig sind, bis ein Verkehrswendekonzept für Jena erstellt worden ist, welches darauf ausgelegt ist, die selbstgesetzten ambitionierten Klimaziele zu erfüllen. Alle bis dahin getätigten Straßenbauprojekte könnten sich als erhebliche Fehlinvestitionen erweisen, die sich die Stadt nicht leisten kann und sollte. Deshalb treten wir für ein Moratorium für alle Neu- und Ausbauprojekte der Verkehrsinfrastruktur ein, insbesondere für die Osttangente und Wiesenstraße sowie das geplante Inselplatzparkhaus.
Link zum geänderten HSK inkl. Anlagen hier