Wir fordern einen längeren, demokratischen Prozess mit Transparenz und umfassenden Beteiligungsmöglichkeiten, um zu entscheiden, welche Maßnahmen zur Konsolidierung der Finanzen der Stadt tragbar und angemessen sind und wie dies mit einer Orientierung an einem breit und inklusiv verstandenen Gemeinwohl vereinbart werden kann.
Wir sind verärgert über die Art und Weise, wie die Stadtverwaltung mit dem HSK Politik nach Gutsherrenart zu betreiben versucht. In der vorgeschlagenen Form wird nicht einmal versucht, die Zivilgesellschaft und die verschiedenen politischen Kräfte in einen Dialog einzubeziehen, sondern das Ziel (Wachstum) ebenso wie die Mittel zu dessen Erreichung werden von oben herab als alternativlos dargestellt. Hiergegen wenden wir uns entschieden.
- Wir wollen eine partizipatorische und für die Zivilgesellschaft, vor allem aber auch erst mal für die politisch Verantwortlichen, die über die Kommunalfinanzen entscheiden, nachvollziehbare, sprich: demokratisch kontrollierbare Haushaltsplanung. Das Wissen über Struktur und Zusammensetzung von Ein- und Ausgaben und über die in den verschiedenen Bereichen gegebenen Zwänge und aber auch Handlungsmöglichkeiten ist ein von den Verwaltungsspitzen fast vollständig monopolisiertes Herrschaftswissen, das in demokratische Kontrolle überführt werden muss. Das setzt voraus, dass es von Leuten, die es verstehen, auf eine verständliche und für die Mitglieder des Stadtrats, aber auch für Bürger:innen handhabbare Form runtergebrochen wird. Auf dieser Grundlage wäre dann unter Beteiligung aller Betroffenen abzuwägen, welche Schwerpunktsetzungen aus einer Orientierung am Gemeinwohl folgen und in welche Maßnahmen dies umzusetzen ist.
- Weil das Problem keineswegs nur Jena betrifft, sollten die Stadtratsmitglieder mit Landtagsmandat sich für eine ‚Transparenz- und Beteiligungsoffensive Kommunalfinanzen‘ des Landes einzusetzen, die sich an alle Kommunen richtet.
Wir fordern den vollumfänglichen Erhalt der finanziellen und infrastrukturellen Grundlagen für bürgerschaftliches Engagement. Der Wert, den die aktive Beteiligung der Bürger*innen (Bürgerengagement) für die Kommune hat, wird von vielen Verantwortlichen immer noch nicht angemessen erkannt. Es handelt sich oft um unbezahlte ehrenamtliche Arbeit, die entscheidende Leistungen für das Gemeinwohl erbringt und den Stadthaushalt im Ergebnis erheblich entlastet. Statt diese wichtige Säule des kommunalen Handelns durch breite Kürzungen zu gefährden, wie es die Stadtverwaltung vorhat, fordern wir den vollumfänglichen Erhalt der finanziellen und infrastrukturellen Grundlagen für bürgerschaftliches Engagement. Alles andere schadet nicht nur zuerst den Benachteiligten, sondern kommt die Stadt am Ende auch finanziell teuer zu stehen.
Wir fordern: Bestehende demokratische Entscheidungs- und Mitbestimmungsgremien (Ortsteilräte, Beiräte) müssen erhalten bleiben. Der Ausbau von Kooperationen mit dem Umland oder auch im Einzelfall von der Bevölkerung erwünschte Eingemeindungen müssen auf Augenhöhe zwischen beiden Seiten ausgehandelt werden und sollen sich durch Zugewinne an Lebensqualität für die Menschen in den entsprechenden Ortschaften begründen, nicht durch Geld- und Einflusszuwächse für die Stadt.
- Die Stadtverwaltung erklärt bestehende demokratische Mitbestimmungs- und Beteiligungsstrukturen im HSK ganz offen zu einem Hindernis für das als Hauptziel angestrebte Wachstum und instrumentalisiert einen Stadtratsbeschluss, um hier Demokratieabbau zu fördern:
- „„Eine unverzichtbare Grundlage für das Wachstum Jenas ist die Ausweisung und Entwicklung von Wohn- und Gewerbeflächen“ (Beschluss 18/1970-BV, Punkt 002, Satz 1). Hier muss der Stadtrat mehr Mut als bisher auch zu planerischen Entscheidungen aufbringen, die von Anwohnern oder Ortschaftsräten kritisiert werden.“ (S. 17). An anderer Stelle wird auch die Reduzierung der Anzahl von Ortsteilen/Ortsteilräten als Sparmaßnahme eingebracht (W_10) – eine Maßnahme, die den für die Stadtverwaltung offenbar wünschenswerten Nebeneffekt hätte, die Möglichkeiten solcher Kritik zu beschneiden. Indem auf den getroffenen Beschluss verwiesen wird, wird hier versucht, die Fraktionen des Stadtrats in Haftung zu nehmen, um die Abschaffung oder Beschneidung demokratischer Strukturen im Dienste des Wachstums zu legitimieren.
- Die angestrebte Reduzierung der Zahl der Ortsteile (W_10) steht auch im Widerspruch zu dem Ziel, Wachstum durch Eingemeindung weiterer Ortschaften zu erreichen (etwas verschämt im letzten Punkt auf S. 17 enthalten). Wer eingemeindet wird, wird wohl kaum gern direkt einen Ortsteilrat zusammen mit anderen Ortsteilen bilden wollen.
Hinweis:
In diesem Forderungskatalog wird nach Möglichkeit auf konkrete Maßnahmenvorschläge aus dem HSK (Haushaltssicherungskonzept)verwiesen. Das passiert in Form von Kapitelangaben oder der Kodierung „?-xx“, die auch im HSK verwendet wird.